Klimt grüßt Tokyo
 

Kulturdiplomatie verbindet die Welt. Meisterwerke des Österreichischen Jugendstils treten 2019 eine ausgedehnte Reise durch Japan an.

  Text: Evelyn Rois & Bruno Stubenrauch
 

Das Tokyo Metropolitan Art Museum im Ueno-Park, dem beliebtesten Park der 14 Millionen Metropole, ist derzeit um einen großen Publikumsmagneten reicher: Die Ausstellung „Gustav Klimt. Vienna - Japan 1900“, bestückt mit zahlreichen Hauptwerken des Jugendstil Meisters aus dem Wiener Belvedere. Und Tokyo hat im Frühsommer 2019 noch einen weiteren Schauplatz mit Schlüsselwerken des Wiener Jugendstils aufzubieten. Das spektakuläre, 2007 eröffnete National Art Center Tokyo im Stadtteil Minato, das mit annähernd 3 Mio. Besuchern jährlich zu den meistbesuchten Kunstmuseen der Welt zählt, zeigt in der Schau „Vienna on the Path to Modernism“ die Schätze aus der Sammlung des Wien Museum, von Klimt über Schiele bis Richard Gerstl.

Japanisch Österreichische Freundschaft
„Es gibt eine enorme Affinität für die Kultur Mitteleuropas in Japan. Als es uns durch den anstehenden Um- und Ausbau des Wien Museums möglich war, die Schätze der Stadt Wien auf Reisen zu schicken, waren unsere Freunde in Japan sogleich mit größter Begeisterung dabei.“ zeigt sich Matti Bunzl, Direktor des Wien Museum, enthusiastisch. Anlass für den geballten Österreichauftritt in Japan ist das 150 Jahre Jubiläum zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Durch Abschluss eines Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags 1869 gab es erstmals Beziehungen auf bilateraler Ebene. Bunzl sieht es als eine große Ehre für das Wien Museum, Teil der Festivitäten zum 150-jährigen Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zu sein. „Es zeigt die große nationale und internationale Bedeutung unserer Institution. Und es ist eine große Freude zu wissen, dass die Schätze der Stadt Wien weltweit auf so großes Interesse stoßen.“

Japans Einfluss auf die
Wiener Moderne

Eine regelrechte „Japanomanie“ hatte Europa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ergriffen. Japan trat aus seiner 250 Jahre andauernden Abschottung während der Edo Zeit und präsentierte sich auf mehreren Weltausstellungen. Nach kleineren Auftritten 1862 in London und 1867 in Paris, 1873 mit enormem Aufwand und über 6.600 Objekten auch auf der Weltausstellung in Wien. Das europäische Publikum war hingerissen. Vor allem in Frankreich lösten die Auftritte Japans Begeisterung aus. Künstler von Vincent Van Gogh bis Edgar Degas - in Österreich mit etwas Verspätung dann die Secessionisten um Gustav Klimt - waren fasziniert von der japanischen Kunst, insbesondere den ausdrucksstarken Farbholzschnitten. Viele sammelten selbst japanische Druckgrafiken, die gewichtige Impulse zur Erneuerung der europäischen Kunstströmungen beisteuerten und auch den Wiener Jugendstil entscheidend mit beeinflussten.
„Das Jahr 2019 steht ganz im Zeichen des 150-jährigen Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Österreich und Japan. Dabei steht vor allem das Kunstschaffen beider Länder im Zentrum“, betont Teresa Indjein, Leiterin der Sektion kulturelle Auslandsbeziehungen im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres. „Die Geschichte Österreichs ist der Grund, auf dem wir stehen und ich empfinde es als großes Geschenk für die Kulturdiplomatie heute, dass Österreich so stark aus Kunst und Kultur schöpfen kann“, führt Indjein weiter aus. „Man weiß vorher nie, wie Ideen und Inspirationen reisen und wirken - wie schön ist es, wenn solche Bemühungen zu ganz wunderbaren Begegnungen führen.“ Weitere Gelegenheit für inspirierende Begegnungen bieten etwa die Konzerte der Wiener Sängerknaben im Herbst in Japan, die im Gegenzug nach Österreich gereiste Sammlung der Hosokawa Familie im Weltmuseum Wien oder die Farbholzschnitte von Kuniyoshi im Museum für angewandte Kunst, MAK.

Klimt auf Reisen
„Für das Belvedere ist die Ausstellung in Tokio und Toyota ein wichtiges Projekt mit internationaler Strahlkraft, vor allem in Asien“, so Stella Rollig, Generaldirektorin des Belvedere. „Gustav Klimt. Vienna - Japan 1900“ ist die größte Klimt-Ausstellung, die jemals in Japan stattfand. „Die Integration japanischer Stilmittel in Gustav Klimts Kompositionen drückt seine Hochachtung vor dieser Kultur aus. Ich denke, dies ist mit ein Grund, weshalb Klimt in Japan so beliebt ist. Wir haben einige Highlights der Belvedere Sammlung auf die Reise nach Japan geschickt. So zum Beispiel das Gemälde Judith, eines der Hauptwerke aus der goldenen Periode in Klimts Schaffen, in dem die Bezüge zum japanischen Kunsthandwerk stark erkennbar sind." Im Spätsommer gehen die beiden Ausstellungen dann nach Osaka und Toyota. Als Teil eines feinen, weltweit gespannten Netzes von Kulturdiplomatie, das Impulse setzt, Freundschaften zu stärken vermag, und den Kulturaustausch befruchtet - und im besten Fall die Initialzündung liefert zu etwas noch Ungesehenem, völlig Neuem.

 

Tokyo Metropolitan Art Museum
„Gustav Klimt. Vienna - Japan 1900“
bis 05.08.2019
klimt2019.jp

The National Art Center Tokyo
„Vienna on the Path to Modernism“
bis 10.07.2019
nact.jp

Weltmuseum Wien
„Die Eleganz der Hosokawa - Tradition einer Samurai-Familie“
bis 16.07.2019
weltmuseumwien.at

Museum für angewandte Kunst Wien - MAK
„Kuniyoshi - Witz und Widerstand im japanischen Farbholzschnitt“
27.10.2019–16.02.2020
mak.at

Alle Veranstaltungen zu „150 Jahre Freundschaft Japan-Österreich“
in Österreich / Japanische Botschaft in Österreich
www.at.emb-japan.go.jp

 



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