Museum Visit
Belvedere

  Interview: Evelyn Rois & Bruno Stubenrauch
 

Die Österreichische Galerie Belvedere - seit 2007 kurz: Belvedere - im gleichnamigen Barockschloss zählt zu den wichtigsten Kunstinstitutionen des Landes und gewährt einen nahezu lückenlosen Überblick in die österreichische Kunst vom Mittelalter über das Barock bis ins 21. Jahrhundert. Highlight der umfassenden, historisch gewachsenen Bestände ist die weltweit größte Sammlung von Werken Gustav Klimts – darunter etwa der weltberühmte „Kuss“ - sowie Meisterwerke von Egon Schiele und Oskar Kokoschka. Neben dem Unteren und dem Oberen Belvedere gehören auch das kürzlich renovierte 21er Haus sowie das 2013 in ein Museum umgewandelte Winterpalais des Prinzen Eugen in die Kompetenz von Direktorin Dr. Agnes Husslein-Arco.



director's talk

Dr. Agnes Husslein-Arco
Direktorin der Österreichischen Galerie Belvedere
 

 
Ihr Museum wird natürlich in erster Linie mit den berühmten Werken Gustav Klimts in Verbindung gebracht – wofür steht für Sie als Direktorin das Belvedere?


Das Belvedere besitzt mit 24 Arbeiten zwar die weltweit größte Sammlung an Ölgemälden von Gustav Klimt, die einen besonderen kunsthistorischen Schatz und, kein Zweifel, auch einen Besuchermagnet darstellt. Allerdings ist es mir persönlich wichtig, auch die herausragende Qualität der anderen Sammlungsbereiche zu vermitteln – das Belvedere beherbergt die bedeutendste Sammlung österreichischer Kunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart! Diese Vermittlungsbreite spiegelt auch unser Ausstellungsprogramm wider: Dieses Jahr zeigen wir etwa Ausstellungen zu einem mittelalterlichen Fastentuch über Klimt, Schiele, Kokoschka bis zum zeitgenössischen österreichischen Künstler Hans Weigand, um nur einige zu nennen.
 

Das Belvedere zeigt Werke vom 14. Jahrhundert bis zu aktuellen Positionen der Gegenwartskunst – wie bringen Sie diese enorme Spannweite unter einen Hut?
 

Wir nützen sie gezielt! Wie die Kunstgeschichte zeigt, gibt und gab es in der bildenden Kunst stets Parallelentwicklungen und Wechselwirkungen zwischen Neuem und Altem. Die verschiedenen Epochen müssen sich also nicht ausschließen, sondern können in der Zusammenschau interessante Verbindungen erkennen lassen. Wunderbar sieht man das etwa in unserer derzeitigen Ausstellung „Schlaflos. Das Bett in Geschichte und Gegenwartskunst“ im 21er Haus.
 

Mit dem 21er Haus und dem 2013 eröffneten Winterpalais im 1. Bezirk hat sich das Belvedere in den letzten Jahren stark erweitert. Mit welchen Inhalten bespielen Sie diese neuen Ausstellungsflächen?
 

Das 21er Haus ist jener Ausstellungsort, wo wir die gegenwärtige und jüngere österreichische Kunstproduktion gemäß unserem Auftrag als Museum österreichischer Kunst abbilden, zugleich aber in einem internationalen Kontext verorten und positionieren wollen. Dies vollzieht sich mit entsprechenden Einzelausstellungen, die oftmals für diesen architektonisch speziellen Ausstellungsort eigens entwickelt werden wie etwa die Schau von Gelatin (2013) oder Franz Graf (2014), oder Themenausstellungen. Das Winterpalaisprogramm wiederum wechselt bewusst zwischen historischen Ausstellungen, die das einmalige barocke Interieur als idealen Rahmen nützen wie die monografische Ausstellung zu dem Barockporträtisten Martin van Meytens, und Projekten, die zeitgenössische Positionen mit dem prunkvollen Setting gezielt in einen Dialog setzen.    
 

Gibt es ein Werk im Belvedere, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
 

Wenn Sie diesem künstlerischen Reichtum gegenüberstehen, ist eine Entscheidung für ein bestimmtes Ausstellungsstück unmöglich. Ich fühle mich allen Werken der Sammlung verpflichtet  und jedes Einzelne erfreut mich in seiner Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit.




copyright: rois&stubenrauch | für Cercle Diplomatique 1/2015

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