DEMOCRATIZATION OF KNOWLEDGE
 

Neues Zeitalter
des Wissens

 

Die Österreichische Nationalbibliothek ist eine der wichtigsten Universalbibliotheken Europas. Nach der vorbildlichen Digitalisierung ihrer Sammlungen mit zahllosen Dokumenten von Weltrang plant die ÖNB mit einer neuen strategischen Vision bereits bis 2035.

  Text: Evelyn Rois & Bruno Stubenrauch
 

Die schwungvoll notierte Partitur Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem bis in jede Einzelheit betrachten. Den Wiener Dioskurides, ein kunstvoll ausgestattetes Heilkräuterbuch, entstanden um das Jahr 512, studieren. Oder die filigranen Illustrationen der Prachtabschrift der Goldenen Bulle in zweifacher Vergrößerung bestaunen. Drei Beispiele mehrerer Millionen Dokumente der Österreichischen Nationalbibliothek, die als hochaufgelöste Digitalisate im Netz abrufbar und bis ins kleinste Detail heranzoombar sind. Das Leuchtturmprojekt Demokratisierung des weltweiten Wissens wird von der ÖNB konsequent umgesetzt – wie auch die rund 675.000 täglichen Seitenzugriffe auf die ÖNB-Website eindrücklich belegen.

Digitalisierung mit Tempo

Bereits 2008 begann die Österreichische Nationalbibliothek mit der systematischen Digitalisierung ihrer umfassenden Bestände. Heute steht die ÖNB im internationalen Vergleich vorbildhaft da: Mit Austrian Books Online, einer Public-Private-Partnership mit Google, sind mehr als 600.000 urheberrechtsfreie Bücher von 1501 bis Ende des 19. Jahrhunderts inklusive Volltextsuche digital verfügbar, darunter sämtliche 200.000 Bände aus dem barocken Prunksaal, dem Herzstück der ÖNB. Sehr viele der so bedeutenden wie konservatorisch heiklen Dokumente der ÖNB stehen als Digitalisate online. 24 Millionen Zeitungsseiten sind über das Portal ANNO aufrufbar, 75.000 Postkarten mit Suchfunktion über eine digitale Weltkarte oder die Tagebücher des Literaturnobelpreisträgers Peter Handke ergänzen das breite digitale Angebot der ÖNB. Die Österreichische Nationalbibliothek beteiligt sich außerdem an europäischen und internationalen Webportalen wie Europeana, Museum with No Frontiers oder dem KI-Projekt Time Machine.

Wissensspeicher der Nation

Als eine der bedeutendsten Bibliotheken Europas konserviert die Österreichische Nationalbibliothek in ihren riesigen Archiven an mehreren Standorten aufgezeichnetes Wissen aus fünf Jahrtausenden, darunter zahllose unschätzbar wertvolle Dokumente von internationalem Rang. Von den 15 österreichischen Einträgen in die Liste des UNESCO Weltdokumentenerbes, die exemplarisch das kollektive Gedächtnis der Menschheit repräsentieren, stammen acht aus der Österreichischen Nationalbibliothek. Ihrem Bildungsauftrag kommt die ÖNB zudem in mehreren Museen nach: Von den Sonderausstellungen im Prunksaal über das Literaturmuseum, das Globen- und Esperantomuseum, das 2018 eröffnete Haus der Geschichte Österreich in der neuen Burg bis zum im April nach umfassendem Relaunch wieder eröffneten Papyrusmuseum. Mit ihren einzigartigen Beständen und dem in den 1720er Jahren nach Plänen von Fischer von Erlach errichteten Prunksaal, der zu den beeindruckendsten Bibliotheksbauten weltweit zählt, steht die Österreichische Nationalbibliothek als Teil der Wiener Hofburg auch regelmäßig im Fokus bei Staatsbesuchen und Visiten des Diplomatischen Corps.

Von der Gelehrtenbibliothek zur Teaching Library

Die Anfang der letzten Dekade in der „Vision 2025“ anvisierte Transformation der ÖNB zum digitalen Wissenszentrum des 21. Jahrhunderts ist bereits weitgehend umgesetzt, wie Generaldirektorin Johanna Rachinger, die die Österreichische Nationalbibliothek seit 2001 leitet, unterstreicht. Nun blickt die ÖNB erneut weit in die Zukunft: Im Herbst 2021 wird das neue Strategiepapier „Vision 2035. Wir öffnen Räume“ präsentiert. Als wichtige Eckpunkte für die kommende Dekade werden unter Schlagworten wie „Teaching Library“ oder „Citizen Science“ die stärkere Berücksichtigung der kulturellen Diversität der österreichischen Gesellschaft bei der Sammelstrategie, die Bereitstellung standardisierter Datensätze für die Forschung oder die Erschließung neuer digitaler Formate skizziert. Der Ausbau internationaler Forschungsprojekte steht ebenfalls ganz oben auf der Agenda des neuen Strategiepapiers. Die jetzt schon sehr beeindruckende Liste der wissenschaftlichen Partner der ÖNB von der Széchényi-Nationalbibliothek Ungarns, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften über The British Library bis zur US-amerikanischen Andrew Mellon Foundation sollen im Zuge neuer Forschungsvorhaben weitere Institutionen angefügt werden. Im neuen Zeitalter des Wissens sieht die Österreichische Nationalbibliothek ihre Rolle, wie Johanna Rachinger betont, vor allem auch als Garant dafür, dass das Wissen der Welt ohne kommerzielle Einzelinteressen gesammelt, bewahrt und zur Verfügung gestellt wird.


Österreichische Nationalbibliothek
onb.ac.at
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Europeana
europeana.eu

Museum With No Frontiers
museumwnf.org

 



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