„Karikatur war
noch nie so wichtig
wie jetzt.“

  Gottfried Gusenbauer, Direktor des Karikaturmuseum Krems, glaubt an
das Recht, karikiert zu werden und
wird vermehrt Ausstellungen in Zusammenarbeit mit dem BMEIA realisieren.

  Interview: Rois & Stubenrauch
 

20 Jahre Karikaturmuseum Krems. Was sind die Ausstellungs-Highlights im Jubiläumsjahr?

Im Jubiläumsjahr zeigen wir zum einen die Schätze aus den Landessammlungen Niederösterreich, die über die größte Sammlung an Karikaturen in Österreich verfügt und neben österreichischen Namen auch deutschsprachige und internationale Positionen mitnimmt. Die zweite große Ausstellung ist die Sammlung Grill mit Karikaturen aus ganz Europa. Da ist beispielsweise Frankreich sehr stark vertreten mit Sempé oder Tomi Ungerer. Und im Herbst kommt dann eine Ausstellung mit Illustrationen der bekannten Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger.

Welche Schwerpunkte sind für die kommenden Jahre geplant?

Natürlich liegt der Schwerpunkt des Museums auf deutschsprachiger Karikatur, mittlerweile ist es aber international stark geöffnet. Auch sehr wichtig ist mir die Erweiterung um Manga, Graphic Novel und Kinderbuchillustrationen. Wir haben unsere Gründungsväter, Manfred Deix und Gustav Peichl, und diese wichtigen Künstler werden mit internationalen Positionen und Themen kombiniert. Die erfolgreichsten Ausstellungen waren ja meistens auch große internationale Namen – etwa Mordillo, der argentinische Weltkünstler. Was wir in Zukunft verstärkt machen möchten, sind Projekte wie „Tu felix Austria“. Da haben wir mittels Karikaturen über die vergangenen 25 Jahre Österreich in der EU reflektiert. Genau hier hat ja ein Karikaturmuseum seine Berechtigung: Geschichte historisch wiederzugeben mit Karikaturen, die über den tagesaktuellen Kontext hinaus gehen. Diese Ausstellung ist in Kooperation mit dem Österreichischen Außenministerium zustande gekommen und wurde dann auch in zahlreichen Österreichischen Kulturforen, so in Bozen, Tallinn oder Helsinki, international gezeigt.

Wie wird österreichische Karikatur im Ausland wahrgenommen?

Ich habe festgestellt, dass wir als Karikaturmuseum international - beispielsweise in Weißrussland - sehr großen Widerhall haben. Man kann über die Karikatur, natürlich verkürzt, sehr viel Wahres über ein Land erfahren. Und man kann sich über die Karikatur als Land auch humorvoll und selbstironisch sehr gut präsentieren. Das ist, denke ich, eine starke Kraft der Karikatur.

Politische Karikatur ist auch provokativ und kann im Extremfall sogar zu diplomatischen Verwerfungen führen ...

Kein Thema sollte tabu für eine Karikatur sein. Und ich finde auch, dass jeder Mensch und jeder Politiker ein Recht darauf hat, karikiert zu werden. Aber natürlich muss ich auch dazu sagen, dass der Ton die Musik macht. Eine Karikatur sollte keine persönliche Beleidigung in sich haben. Für mich gibt es eine ganz klare Grenze: Ich würde nie nur der Provokation wegen eine Karikatur ausstellen.

Was macht politische Karikatur heute relevant?

Karikatur war noch nie so wichtig wie jetzt. Bei jedem politischen Wandel weltweit, überall, begleiten Karikaturen diese Umbrüche. Und es wird immer Zustände geben, wo man politische Zusammenhänge kritisieren oder auch Prominente, Politiker und Politikerinnen von ihrem Sockel herunterholen muss. Politische Karikatur wird es immer geben!



Gottfried Gusenbauer
war Kameramann und Cutter und ist Gründungsmitglied des Kunstvereins lin-c für Comic und Bildliteratur. Im Zuge der europäische Kulturhauptstadt Linz 2009 konzipierte er das jährliche, internationale NEXTCOMIC-Festival. Seit 2012 ist Gottfried Gusenbauer künstlerischer Direktor des Karikaturmuseum Krems.

 

karikaturmuseum.at

 

 

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