Culture Talk
Elīna Garanča

  Interview: Rois & Stubenrauch
 

Weltstar und Mezzosopranistin Elīna Garanča im Cercle Diplomatique Exklusivinterview über ihre Besteigung des musikalischen Olymp als Wagner-Sängerin, Schmetterlinge im Bauch vor der Premiere und die Freude, wieder auf der Bühne zu stehen.

Sie singen im April an der Wiener Staatsoper die Kundry in Parsifal von Richard Wagner. Ist Ihr mit Spannung erwartetes Debüt in dieser fordernden Rolle etwas Besonderes für Sie?

Jede Premiere ist etwas Besonderes für mich. Zu Beginn des Lernprozesses ist es wie eine Puzzleschachtel. Ich muss Hunderte von Fragen über ihren Charakter, ihre innere Welt, Motive und Verlangen beantworten. Auf jede Premiere warte ich mit Schmetterlingen im Bauch und hoffe, dass mein Verständnis der neuen Rolle, ihrer physischen und emotionalen Seite das Publikum bewegt und einen Gefühlseindruck hinterlässt. Kundry ist unglaublich komplex und besonders speziell, weil sie mir die Tür zu einer für mich noch völlig neuen Wagner-Welt öffnet, in der ich mich gerne umschauen und wenn möglich eine Weile bleiben möchte.

Sie haben gesagt, Kundry ist „der letzte Olymp“, den Sie als Sängerin besteigen. Eröffnet diese Partie einen neuen Karriereabschnitt?

Wagners Musik ist ohne Zweifel monumental und repräsentiert für viele von uns den sogenannten musikalischen Olymp. Parsifal ist Wagners letzte Oper und ein absolutes Meisterwerk, in dem er die Musik kompromisslos an die äußersten Grenzen führt. Die Rolle der Kundry ist nicht nur technisch herausfordernd, es ist auch herausfordernd, sie zu verstehen und mit dem eigenen Körper und den eigenen Emotionen darzustellen. Außerdem ist es für mich auch eine persönliche Errungenschaft. Es gibt nur wenige Mezzosoprane, die mit Barockmusik begannen und bis zu Wagner herankommen konnten.

Wie fühlt es sich an, wieder auf der Bühne zu stehen?

Ein Jahr ohne für ein Live-Publikum zu singen fühlt sich für mich wie eine leere und sehr traurige Ewigkeit an. Eine Beziehung zu Zuhörern kann man nicht online aufbauen, sie muss gemeinsam gelebt werden. Ich freue mich schon jetzt mit jeder Faser meines Seins darauf, dorthin zurückzukehren, wo ich hingehöre.

Sie sind heute ein gefragter Weltstar mit Auftritten von New York bis Paris. Die Zeit als Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper war ein wichtiger Abschnitt Ihrer Karriere. Fühlen Sie sich noch verbunden mit Wien?

Absolut. Die Wiener Staatsoper ist ein Ort, an dem sich meine großen Träume zu verwirklichen begannen, und das hat sich nicht geändert. Mein Herz springt jedes Mal, wenn ich zu einer Produktion oder einem Konzert in Wien eingeladen werde, weil es ist, als würde ich nach Hause zurückkehren, zumindest in meine künstlerische Heimat. Und ich kann sehen, wie sich meine großen Träume erneut verwirklichen.

Ihre Nachwuchsinitiative „Zukunftsstimmen“ hat 2020 eine coronabedingte Zwangspause gemacht. Wie geht es 2021 weiter?

Wir bereiten derzeit eine kombinierte Version von 2020 und 2021 vor. Die Unsicherheit der aktuellen Entwicklung ist immer noch sehr präsent, aber wir hoffen, dass wir in der Lage sein werden, die jungen Stimmen wiederzutreffen. Und ich bin fest davon überzeugt, dass diese erzwungene Pause mehr verborgene Talente als zuvor auftauchen lässt.


Elīna Garanča
stammt aus einer Musikerfamilie aus Riga. Den Durchbruch feierte die Mezzospranistin mit ihrem glanzvollen Auftritt in Mozarts La clemenza di Tito bei den Salzburger Festspielen 2003. Heute zählt sie zu den absoluten Weltstars der Oper. Ihr mit Spannung erwarteter Auftritt als Kundry in Parsifal an der Wiener Staatsoper ist Elīna Garančas Debüt als Wagner-Sängerin.


Parsifal
Premiere: 11.04.2021 Wiener Staatsoper
Mit Elīna Garanča, Ludovic Tézier, Jonas Kaufmann u. a.
wiener-staatsoper.at

Klassik unter Sternen
07.07.2021 Stift Göttweig
klassikuntersternen.at

Klassik in den Alpen
10.07.2021 Kitzbühel
klassikindenalpen.at




copyright: rois&stubenrauch | für Cercle Diplomatique 1/2021

  > textanfang
 
   
  copyright rois&stubenrauch - www.breve.at