PASSION FOR CHINESE ART
 

Faszination China

 

China und Europa verbindet seit Jahrhunderten ein reger Austausch. Wertvolle Bestände in Österreichs Museen und Sammlungen, von kaiserlichem Porzellan aus Jingdezhen bis zur Chinesischen Gegenwartskunst, legen Zeugnis ab von einer anhaltenden Sammelleidenschaft.

  Text: Evelyn Rois & Bruno Stubenrauch
 

Fein gearbeitete Porzellanvasen aus der Kangxi Periode, mit filigranen blauen Motiven bemalt, die einzeln auf kleinen Konsolen angeordnet sind. Auf großen, in die aufwändige Wandvertäfelung eingelassene Lacktafeln sind verspielte Motive aus der chinesischen Sagenwelt zu entdecken: Das Rundkabinett, eines der beiden chinesischen Kabinette in Schloss Schönbrunn, setzt seine wertvollen, aus China eingeführten Kunstgegenstände eindrucksvoll in Szene. Die mit raren Artefakten aus Fernost ausgestatteten Prachtkabinette führen vor Augen, was als Nonplusultra des Luxus‘ der damaligen Zeit galt. „Europäische Fürsten entsandten Agenten, um die Kunstmärkte in Fernost und die europäischen Handelsplätze nach diesen Objekten zu durchforsten“, erläutert Elfriede Iby, Leiterin der wissenschaftlichen Abteilung in Schloss Schönbrunn. Die Kostbarkeit ihrer Materialien und deren im Europa des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts noch unbekannten Herstellungstechniken machten diese Kunstgegenstände zu äußerst begehrten Sammlungsobjekten. „Die Eigentümer, zu denen die bedeutendsten Fürstenhöfe Europas zählten“, wie Iby ausführt, „konnten damit ihren Reichtum, ihre Macht, aber auch ihre Kennerschaft und ihren erlesenen Geschmack demonstrieren.“ Von Kaiserin Maria Theresia ist folgende, im Original auf Französisch getätigte Aussage überliefert: „Nichts auf der Welt, keine Diamanten bedeuten mir etwas, nur was aus Indien kommt, [...] sind die einzigen Dinge, die mir Freude bereiten.“ Wobei anzumerken ist, dass Anfang des 18. Jahrhunderts die Bezeichnung „Indien“ generell für den gesamten fernöstlichen Raum verwendet wurde. Um 1755/60 liess die Kaiserin die beiden luxuriösen Zimmer, zu denen nur ausgewählte Personen Zutritt erhielten, einrichten. Die 2017 umfassend restaurierten Chinesischen Kabinette von Schloss Schönbrunn zählen zu den schönsten Beispielen dieser Modeströmung fürstlicher Wohnkultur.

Im Fokus der Sammelleidenschaft

Nicht nur der Adel des Spätbarock war der Faszination China und Fernost erlegen. In der hochkarätigen Asiensammlung des MAK etwa, die u.a. auch mehrere Jahrhunderte umspannende Bestände chinesischen Kunsthandwerks und Malerei einschließt, fließen Teile der berühmten, in der Spätrenaissance entstandenen Ambraser Sammlung von Erzherzog Ferdinand II, Sammlungen von Arthur Rosthorn, der in den 1910er Jahren als österreichischer Gesandter in Peking tätig war, oder Anton Exner, die 1946 als Geschenk ins MAK kam, bis zu Ankäufen der k. k. Ostasienexpedition von 1868-69 zusammen. „Die MAK-Asiensammlung beherbergt historisch bedeutsame Objekte aus China, die von der großen Vielfalt kultureller Kontakte zwischen China und Österreich zeugen und spannende transkulturelle Objektgeschichten aufweisen“, betont Mio Wakita-Elis, Kustodin der Sammlung Asien. „Besonders hervorzuheben sind etwa zwei im Stil tibetischer Wandmalereien ausgeführte, großformatige Thangka tsong-Kha-pa, die im Auftrag des Qianlong-Kaisers für die Ausstattung des Xumi Fushou Tempels in Chengde angefertigt wurden oder ein Konvolut von Werken Qi Baishis, einem der berühmtesten Vertreter der modernen Malerei in China.“

Ebenso besitzt das Weltmuseum Wien bedeutende Stücke aus China, denen ein eigener Saal seiner Schausammlungen gewidmet ist, etwa ein fein gearbeitetes Teebrett aus der Mitte des 16. Jahrhunderts oder in der kaiserlichen Porzellanmanufaktur Jingdezhen hergestelltes Blauweiß-Porzellan. Dass der Austausch mit China nicht immer dem diplomatischen Protokoll folgte, wird im Weltmuseum ebenfalls thematisiert. Dem Komplex Kolonialismus bzw. Imperialismus und Aneignung ist zudem ein zentraler Bereich des Museums gewidmet.

Vom Jugendstil
zur Gegenwartskunst

Die Wertschätzung der chinesischen und fernöstlichen Kunst und Formensprache erlebte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem in Künstlerkreisen ein starkes Wiederaufleben und beeinflusste viele Protagonisten des Jugendstils. Insbesondere Gustav Klimt, der zahlreiche wertvolle chinesische Gewänder und Kunstgegenstände besass, liess sich davon immer wieder inspirieren. Auf seinem letzten vollendeten Werk trägt sein Modell eine chinesische Robe, während chinesische Motive wie Phönix, Goldfasan und Lotusblumen den Hintergrund füllen. Das Gemälde ist derzeit in der Ausstellung „Dame mit Fächer“ im Wiener Belvedere zu sehen. Klimts Affinität zur ostasiatischen Kunst wird ab Oktober 2021 in einem eigenen Bereich der Ausstellung eingehend beleuchtet.

In den 1990ern, als China zur Weltwirtschaftsmacht aufstieg, erschien seine hochspannende, dynamische Kunstszene am Radar des europäischen Kunstmarktes. Werke chinesischer Gegenwartskünstler waren etwa prominent an der 1999 von Harald Szeemann kuratierten Biennale di Venezia, eine der weltweit wichtigsten Kunstausstellungen, vertreten. In Österreich zähl Karlheinz Essl zu den Sammlern, die sich stark für chinesische Gegenwartskunst engagierten. „In den 1990er Jahren hatte ich erste Berührungspunkte mit der dortigen Kunstwelt, die mich sofort elektrisiert hat. Meine Frau und ich haben daraufhin begonnen, uns konsequent mit den zeitgenössischen Strömungen in China auseinanderzusetzen. Seither habe ich viele Reisen dorthin unternommen und auch Künstlerinnen und Künstler unterschiedlicher Generationen kennengelernt. In den Werken von Fang Lijun, Yue Minjun oder Zhang Xiaogang und auch Ai Wei Wei, haben wir die enorme Dynamik dieser Kunstszenen erkannt, aber auch das Ventil, das zeitgenössische Kunst in einer Gesellschaft darstellt.“ Die mehrere bedeutende Werkblöcke chinesischer Gegenwartskunst umfassende Sammlung Essl ist mittlerweile in die Albertina Modern eingegangen.

Auch die Österreichisch-Chinesische Gesellschaft ist um Kulturaustausch besorgt: Im September wird im Weltmuseum eine Bronzeskulptur des berühmten chinesischen Malers Qi Baishi aufgestellt - ein Geschenk des Bildhauers und Direktors des National Art Museum of China (NAMOC) Wu Weishan an die Republik Österreich anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und Österreich. Der Blick auf die Kulturnation China wird jedenfalls auch in Zukunft spannende künstlerische Dialoge eröffnen.


schoenbrunn.at
mak.at
weltmuseumwien.at
belvedere.at
albertina.at



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